WIR FORDERN: Die Schaffung eines/*r Beauftragten für die Belange Deutscher im Ausland

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Was fordern wir?

Wir fordern die Schaffung eines/*r Beauftragten für die Belange Deutscher im Ausland auf Bundesebene.

Die Aufgaben des/*r Beauftragten sollen sein:

  • Als direkte:r Ansprechpartner:in für die politischen Anliegen Deutscher im Ausland zu dienen;
  • Die Vertretung der Interessen Deutscher im Ausland gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung;
  • Das Erfassen systematischer Informationen, soweit gesetzlich möglich, über die Verteilung und Interessen Deutscher im Ausland;
  • Die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen Deutscher im Ausland in Koordination mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesamt für Internationale Angelegenheiten.

Über die organisatorische Beschaffenheit des/*r Beauftragten für die Belange Deutscher im Ausland soll der Bundestag entscheiden. Sowohl ein:e Parlamentsbeauftragte:r, Bundesbeauftragte:r oder Beauftragte:r der Bundesregierung sind denkbar. Neben der Schaffung eines neuen Amtes kann auch die Erweiterung der Kompetenzen des Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und Deutsche Minderheiten im Ausland im Sinne des Antrags in Erwägung gezogen werden.

Warum fordern wir das?

Circa 4 Millionen Deutsche leben dauerhaft im Ausland. Zwar können sie an Bundestagswahlen – mit zusätzlichen Hürden im Vergleich zu im Inland Lebenden – teilnehmen, jedoch ist ihre politische Repräsentation als Bevölkerungsgruppe nicht gegeben. Dies ergibt sich aus der Schieflage, dass Deutsche im Ausland als Gruppe zwar von einer eigenen Verwaltungsstruktur bedient werden (den Botschaften und Konsulaten), die Möglichkeiten politischer Partizipation aber völlig anders organisiert sind. Im Gegensatz zu Wähler:innen im Inland können Deutsche im Ausland gerade nicht über die verschiedenen politischen Ebenen auf die Regeln einwirken, die ihnen gegenüber durchgesetzt werden. Stattdessen bleibt Deutschen im Ausland nur die Teilnahme an der Bundestagswahl, bei der ihre Stimmen aber durch die Verteilung auf alle Wahlkreise so gestreut werden, dass ihnen als eigener Wähler:innengruppe mit eigenen Interessen kein Gewicht zufällt.

Im Detail heißt das: Im Ausland sind für die Deutschen die Konsularabteilungen der Botschaften erste Ansprechpartnerinnen. Sie dienen jedoch lediglich der Regeldurchsetzung und -kommunikation. Deutsche im Ausland können sich bei der Botschaft über Regelungen informieren, sich aber nicht beschweren oder auf die Ausgestaltung der Regel politischen Einfluss ausüben. Auf die politisch Verantwortlichen – die Bundestagsabgeordneten – haben Deutsche im Ausland zudem wesentlich weniger Zugriff und Einfluss als ihre Mitbürger:innen im Inland. Denn während Wähler:innen, die im Inland in ihren Wahlkreisen leben, durch ihre Sichtbarkeit und Präsenz vor Ort gegenüber ihren Bundestagsabgeordneten Gewicht haben, werden Deutsche im Ausland, die sich an “ihre” Bundestagsabgeordneten in ihrer Gemeinde wenden, in der sie zuletzt gemeldet waren, nicht als signifikante Wähler:innen-Gruppe mit durchsetzungswürdigen Eigeninteressen wahrgenommen.

Diese Schieflage offenbart sich immer wieder, wenn die Interessen Deutscher im Ausland “vergessen” und in der Bundespolitik nicht berücksichtigt werden.

Besonders deutlich wurde dies im Zuge der andauernden Corona-Pandemie. Für Deutsche im Ausland bedeutete sie doppelte Ungewissheit, insbesondere bei den Regelungen zu Reisebeschränkungen und der Testpflicht. Dies lag zum einen an der Rhetorik, mit der politische Entscheidungen zu Reisebeschränkungen kommuniziert wurden. Hier war durchweg von “Reiserückkehrern”, “Urlaubsreisen” und unvernünftigen “touristischen Reisen” die Rede. Dies sind Kategorien, in denen sich Deutsche im Ausland nicht einordnen konnten, die beispielsweise zu einem Familienbesuch, zur Pflege von im deutschen “Shutdown” hilfsbedürftigen Familienangehörigen, oder anderen im innerdeutschen Reiseverkehr zulässigen Gründen nach Deutschland gereist sind. Erst jüngst wurde ausdrücklich betont, dass deutsche Staatsbürger*innen von Einreiseverboten auch Hochrisikogebieten nicht betroffen sind. Dieselbe Verwirrung wurde für Deutsche im Ausland in Bezug auf die Corona-Testpflicht in Deutschland zur Realität: Viele Testcenter stellten ausdrücklich kostenlose Tests zur Verfügung – für Bürger:innen der jeweiligen Stadt oder des jeweiligen Bundeslandes. Ob und wie Deutsche im Ausland sich hier testen lassen konnten und wie man dies im Zweifelsfall über die ausländische Krankenversicherung abrechnen könnte, war völlig unklar. So mussten Deutsche im Ausland “einfach ausprobieren”, ob sie auch getestet werden würden – mit unterschiedlichen Ergebnissen je nach Testcenter. Diese Umstände sind Ausdruck dessen, dass Deutsche im Ausland politisch “vergessen” werden. Gerade bei 4 Millionen Deutschen im Ausland wäre jedoch anzunehmen, dass diese zu Corona-Zeiten einen Großteil des Reiseverkehrs ausmachen würden – und damit die erste Zielgruppe politischer Kommunikation hätten sein sollen.

Ein zweites Beispiel ist die Anrechnung von Sozialversicherungsleistungen aus dem Ausland, zum Beispiel der Transfer von Ansprüchen der gesetzlichen Krankenversicherung oder Rentenversicherungsbeiträgen. Dies ist ein bundespolitisches Thema, das Deutsche im Ausland als Kernzielgruppe hat. Die Möglichkeiten für Deutsche im Ausland, auf die politische Ausgestaltung dieser Regelung Einfluss auszuüben sind jedoch durch ihre oben im Detail besprochene Zersplitterung als Wähler:innengruppe praktisch nicht gegeben.

Ok, wir fordern das - und was passiert jetzt damit?

Die SPD London hat diesen Antrag im Februar 2021 beschlossen und ihn damit an die SPD International überwiesen. Diese hat unseren Antrag auf ihrer Vollversammlung im März 2021 beschlossen. Nun geht der Antrag an den Bundesparteitag der SPD im Mai 2021, wo die dortigen Delegierten darüber befinden werden, ob dies eine offizielle Position der Partei wird.

Gleichzeitig führen wir Gespräche mit relevanten sozialdemokratischen Fachpolitiker:innen und werben auch abseits der Parteibeschluss-Strukturen für das Anliegen dieses Antrags.

Ich würde mir gerne eine eigene Meinung zu dem Thema bilden!

Wir haben Dich noch nicht ganz überzeugt oder Du möchtest mehr über das Thema wissen? Hier findest Du ein paar Ressourcen und Links, die uns bei unserer Entscheidungsfindung geholfen haben:

Eine Inspiration für unseren Antrag war eine Petition (Nr. 108323) für den Bundestag, die vergangenes Jahr von uns Unbekannten gestartet wurde und leider das nötige Quorum nicht erreicht hat. Die Petition findest Du hier auf der Website des Deutschen Bundestages.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat sich in einer Studie zur parlamentarischen Vertretung Deutscher im Ausland mit der Möglichkeit, einen Beauftragten für die Belange Deutscher im Ausland zu schaffen befasst (ab Seite 14). Er kommt zu dem Schluss, dass ein solches neues Amt in verschiedenen Gestaltungsformen rechtens wäre. 

Einen Beauftragten für bestimmte Bevölkerungsgruppen, auch im Ausland, gibt es z.B. mit dem Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten

Wir brauchen Deine Unterstützung!

Um unseren Antrag ins Parteiprogramm der SPD zu bringen benötigen wir Deine Unterstützung!

Grundsätzlich kannst Du uns unterstützen, indem du:

Ganz konkret kannst Du, um diesen Antrag zu unterstützen:

  • Als SPD-Mitglied diesen oder einen ähnlichen Antrag selbst im eigenen Ortsverein einbringen. Desto mehr SPD-Gliederungen sich mit diesem Thema befassen, desto wahrscheinlicher wird es auf dem Parteitag behandelt und beschlossen.
  • Diese Themenseite auf Social Media teilen, um auf das Thema und unsere Forderung aufmerksam zu machen. Aufmerksamkeit generieren.
  • Relevante Fachpolitiker anschreiben und bei ihnen für dieses Thema werben. Das können beispielsweise fachpolitische Abgeordnete oder Ministerialvertreter auf der Bundesebene sein.

Den ganzen Antrag als PDF hier downloaden.

Wir bedanken uns bei allen, die uns bisher unterstützen!