Auf
dem diesjährigen Labour-Parteitag als europäische Schwesterpartei eingeladen
gewesen zu sein, war für uns eine große Freude. Wir bedanken uns sehr herzlich
bei der Labour-Partei für die Einladung und die sehr interessanten Gespräche,
die wir in Brighton führen konnten. Gleichzeitig denken wir aber auch, dass es
Zeit ist, – mit genügend zeitlichem Abstand – auf ein paar Punkte näher
einzugehen.
Organisation des Parteitags
Der
Labour Parteitag ist wahrlich ein gesellschaftliches Großereignis. Besonders
hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Institution der “Fringe Events”,
also Veranstaltungen, die am Rande des Parteitags abgehalten werden. Diese
werden von Teilorganisationen der Partei (also bspw. dem walisischen Verband),
gleich gesinnten Organisationen (z.B. Gewerkschaften und progressive Think
Tanks) oder Lobbyverbänden organisiert. Auch die Friedrich-Ebert-Stiftung war
mit einer tollen Veranstaltung zu den zukünftigen Britisch-Europäischen
Beziehungen mit unserem Abgeordneten Metin Hakverdi vertreten. Dieses Modell
der Fringe Events sollte als Modell für SPD Parteitage näher begutachtet
werden. Zudem werden im Rahmen des Parteitages auch Trainingsevents für Paretimitglieder
abgehalten, zum Beispiel zu Campaigning-Taktiken und Ideen, wie man
Kommunalpolitik aktiv gestalten kann. Hiermit werden Parteimitgliedern
motiviert, sich stärker aktiv an der Parteibasis und über die Partei hinaus
gesellschaftlich zu engagieren – eine tolle Idee, die auch die SPD übernehmen
sollte.
Brexit
Als einer der Ableger der SPD im Ausland interessieren wir uns natürlich besonders für den Brexit – auch weil viele unserer Mitglieder sehr direkt von dessen Auswirkungen betroffen sind. Die Entscheidung des Parteitags über einen Antrag des National Executive Committee (NEC) zum Brexit fiel am Montag, den 23. September. Der Antrag, dass die Entscheidung um eine finale Position zum Brexit weiterhin verschoben
werden soll, wurde mit deutlicher Mehrheit der Delegiertenstimmen angenommen.
Da die Labour-Partei damit eine weitere Chance verpasst hat, sich auch vor dem
Hintergrund der wahrscheinlich kommenden Wahlen klar zum Brexit zu
positionieren, haben wir diese Entscheidung mit Enttäuschung zur Kenntnis
genommen. Wir sind zudem besorgt, dass diese unklare Haltung nicht den
erhofften Effekt auf das nächste Wahlergebnis haben wird und letztendlich nicht
zu einer Stärkung von Labour führen wird.
Flügelkämpfe
innerhalb der Partei
Die
oben angesprochene ambivalente Haltung zum Brexit hat auf dem Parteitag für
sichtbare Differenzen zwischen den politischen Lagern innerhalb der Partei
gesorgt. Der der Plan des NEC, den Posten des stellvertretenden
Parteivorsitzenden, Tom Watson, noch vor Beginn der Debattenphase des
Parteitages abzuschaffen, wurde kurzfristig abgewehrt. Die Delegierten waren
zudem derart gespalten, dass ein bedeutender Teil geplant hatte, Watsons Rede
am Dienstag zu boykottieren. Aufgrund des Urteils des Supreme Courts zur
unrechtmäßigen Suspendierung des Parlaments durch den Premierminister wurde
Corbyns Rede vorgezogen und somit Watsons Rede gestrichen. Das damit verbundene
vorzeitige Ende des Parteitags hat dazu beigetragen, dass die Spaltung der
Partei weniger offensichtlich – aber keinesfalls beigelegt – ist.
Unsere
Zusammenarbeit mit Labour
Auch wenn sich unsere Schwesterpartei nicht zu einer besseren Positionierung bzgl. Brexit durchringen konnte, freuen wir uns auf die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren britischen Genoss*innen. Insbesondere was Organisation und Kampagnen betrifft, können wir viel von Labour lernen und von einem regelmäßigen inhaltlichen Austausch werden beide Parteien profitieren. In diesem Zusammenhang sehen wir uns auch als erste Ansprechpartner für unsere deutschen Genoss*innen und freuen uns auf einen enge Zusammenarbeit.
Den Volltext der Stellungnahme findet Ihr hier im PDF-Format.